Blaue Perusalmler
(Boehlkea fredcochui)
Zum ersten Mal sah ich diese Tiere im Angebot eines Internetversandhandels - und sofort gefielen sie mir ausgesprochen gut.
Dass ich sie nicht kaufte, lag an ihrer mit 4,5 cm angegebenen Größe, was mir für einen Beifisch für meine Skalare als zu gering erschien.
Ich behielt sie jedoch in Erinnerung und empfahl sie später einer Freundin, die einen kleinen Salmler für ihr 240l-Becken suchte.
Sie war von der zwischen hellblau und violett changierenden Farbe der Salmler begeistert und kaufte sich 10 Stück.
Die Freude währte jedoch nicht lange: Schon bald musste sie sich eingestehen, dass die rastlose Art der Salmler sie "verrückt" machte.
Kurzentschlossen bat ich sie, mir die Tiere zu überlassen. Als ich die kleinen Quirle nun in natura sah, war ich selbst überrascht:
Zwar nur rund 5 cm groß, doch ausgesprochen robust und mit unverkennbarem Selbstbewusstsein, das mich dazu bewog,
sie nun einfach doch zu meinen Skalaren zu setzen. Erwartungsgemäß gab es nicht die geringsten Probleme:
Die flinken Salmler zeigten keinerlei Respekt vor den Buntbarschen und kamen auch beim Füttern ganz gewiss nicht zu kurz.
Wie alle Salmler geraten sie insbesondere bei der Fütterung von Lebendfutter in helle Aufregung und zeigen ein herrliches Jagdverhalten.
Aber auch sonst sind sie stets aktiv - in einem Becken, in dem Blaue Perusalmler zuhause sind, ist immer etwas los. Sie beanspruchen ständig wechselnde Minireviere, in deren Verteidigung sie zunächst erstaunliche Energien stecken - nach kurzer Zeit jedoch ist es wichtiger, einen Artgenossen zu jagen oder sich jagen zu lassen, nach Futter zu suchen oder an anderen Stellen im Becken nach dem rechten zu sehen. Die Tiere scheinen ständig damit beschäftigt zu sein, sich gegenseitig anzustupsen oder stupsen zu lassen - man könnte es als Aggressivität empfinden, aber da weder einzelne Tiere besonders betroffen sind, noch in irgendeiner Weise zu erkennen wäre, dass dadurch ein Schaden entstünde, würde ich es eher unter "Sozialverhalten" einordnen. Sie spielen gewissermaßen "Fangen" und die Position des Fängers wird ständig neu besetzt.
Irritieren lassen kann man sich in diesem Zusammenhang durchaus auch durch die weißen Flossenspitzen der Tiere: Auf den ersten Blick könnte man beschädigte Stellen vermuten, auf den zweiten wird jedoch schnell deutlich, dass es sich vielmehr um Ornate handelt.
Die weißen Flossenspitzen gehören zur Färbung der Blauen Perusalmler und rühren nicht von ihren Rangeleien her.
Das Aussehen der Tiere ist ohnehin interessant: Sie sind von einer gar nicht so sehr salmlertypischen, gedrungenen Gestalt und erscheinen mir weniger stark seitlich abgeflacht als z.B. Vertreter der Gattung Hyphessobrycon. Ihre Fettflosse ist winzig - gemeinsam mit den weißen Flossenspitzen und der hohen Aktivität der Tiere könnte das als Hinweis auf eine nahe Verwandschaft zum Kupfersalmler (Hasemania nana) sein, der ja überhaupt keine Fettflosse mehr hat und daher in eine eigene Gattung eingeordnet wurde.
Auf diesem Bild erkennt man deutlich, dass die Färbung der Tiere gar nicht so diffus ist, sondern vielmehr die einzelnen Farbfelder sehr scharf gegeneinader abgegrenzt sind. Die Ähnlichkeit der Farben, ihre Variation je nach Umgebung und Stimmung des Fisches und die Agilität der Tiere verschleiern diesen Umstand häufig.
Haltung und Ernährung
Aufgrund der Agilität der Tiere sollte man sie in kein Becken von weniger als 160l Volumen sperren. Ein weiterer Punkt, der gegen eine geringere Beckengröße spricht, ist ihr Sozialverhalten, das meines Erachtens Gruppen von min. 8 Tieren erforderlich macht. Meinem Eindruck nach fühlen sich einzelne Tiere oder Tiere in kleinen Gruppen nicht nur sichtlich unwohl, sondern es wird unter Umständen auch das rastlose Fangenspiel der Tiere zum Problem; denn dem einzelnen Fisch fehlt die Möglichkeit, sich den aktiveren Artgenossen auch einmal kurzzeitig zu entziehen.
Die Wasserwerte, die diese Tiere benötigen, liegen im für Salmler üblichen weich-sauren Bereich: Der pH-Wert sollte unter 7 bleiben, die Gesamthärte unter 12 und die Karbonhärte unter 10°dH.
Mir scheinen die Blauen Perusalmler robust zu sein und auch neutrales bis leicht alkalisches, mittelhartes Wasser gut zu ertragen, doch zeigen sie ihre Farben in artgerechtem Wasser besonders schön. An Temperaturen habe ich bislang 25-26°C und Zimmertemperatur (ca. 21 - 22 °C) getestet und letzteres erscheint mir durchaus ausreichend. Zumindest konnte ich in Aktivität, Appetit und Färbung keinerlei Unterschiede feststellen.
Vergesellschaften lassen sich Blaue Perusalmler mit Buntbarschen, die sich durch die Aktivität der Salmler nicht stören lassen, sowie mit anderen Salmlerarten und mit Panzerwelsen. Sicherlich gibt es auch mit Saugwelsen
keine Probleme. Die Tiere sind in allen Bereichen des Beckens unterwegs, mal als Schwarm, mal weit verstreut - die anderen Fische müssen also damit zurecht kommen, dass sie keinen Platz im Becken ganz und gar für sich haben werden, sondern immer wieder mal mit den Salmlern in Kontakt kommen.
Prinzipiell sind Blaue Perusalmler sicherlich nicht kompliziert zu ernähren, allerdings sind meine Exemplare mittlerweile wie auch die Skalare dahingehend verwöhnt, dass sie Flockenfutter nur noch recht lustlos annehmen. Am ehesten nehmen sie noch ein hochwertiges Granulatfutter, das ich eigentlich zur Aufzucht von Tanganjikacichliden angeschafft hatte. Frostfutter wird gern genommen, Lebendfutter ruft den üblichen Enthusiasmus hervor.
Ich füttere an Frostfutter Artemia, Mysis, weiße Mückenlarven und kleine Futtergarnelen, an Lebendfutter schwarze, weiße und rote Mückenlarven, Tubifex, verschiedene Wasserflöhe und Insekten.
Fortpflanzungsverhalten und Aufzucht der Jungtiere
Um die Blauen Perusalmler zum Ablaichen anzuregen, reichen die üblichen Mittel vollkommen aus: Ein kräftiger Wasserwechsel, etwas weicheres, saureres Wasser als zuvor und eine anschließend leicht erhöhte Temperatur, dazu eine gute Portion Lebendfutter. Weibchen, die einen entsprechend ausgebildeteten Laichansatz haben, "schießen" dann in sehenswerter Weise durchs Becken - mein erster Gedanke war, sie als "Kaviarbomber" zu bezeichnen.
Das bevorzugte Ziel unserer Weibchen, denen die Männchen in wildem Getümmel folgten, war eine Sandfläche, die locker mit Echinodorus tenellus bepflanzt war. Wir nutzten diesen Umstand und stellten eine gläserne Auflaufform ins Becken, die mit Murmeln und dunklen Steinchen befüllt war. Zu unserer Überraschung griff Murphy's Gesetz in diesem Fall nicht - vielmehr schienen die Salmler großen Gefallen an der Auflaufform zu finden.
Leider hatten auch die Skalare und Panzerwelse schnell erkannt, was es mit diesem seltsamen Ding auf sich hatte, doch gelang es uns, wenigstens zwei Salmlerlarven zu retten.
Sie waren unglaublich winzig: Zu erkennen nur als zwei winzige Punkte, die sich ruckartig wenige Millimeter weit bewegten und an denen ein vergleichsweise riesiger, hyaliner Dottersack hing. Ich versuchte, sie mit einem Geodreieck zu vermessen, doch kann ich nur mit Bestimmtheit sagen, dass ihre Größe weniger als 1 mm betrug.
Jeder Versuch, den Tierchen irgendwelches handelsübliche Futter zu geben, war damit von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Wir setzten die Larven daher bei ca. 27°C in eine 1:1-Mischung aus Osmosewasser und Wasser aus dem Gesellschaftsbecken, dem sie entstammen, und legten etwas Javamoos dazu. Tatsächlich reichten ihr Dottersack und das, was sie im Javamoos an Kleinstlebewesen fanden, aus, um sie so groß werden zu lassen, dass wir es wagten, ihnen Pantoffeltierchen zu geben. Nach ca.
10 Tagen waren sie groß genug, um Essigälchen und Artemia zu fressen - von da an bereitete uns ihre Ernährung keinerlei Sorgen mehr.
Insgesamt präsentierten sie sich als pflegeleichte Salmlerkinder - so mussten wir sie z.B. immer wieder übers Wochenende sich selbst überlassen und wurden am Sonntagabend von zwar hungrigen, aber putzmunteren Fischlein begrüßt.
Auch kann das Wasser, in dem wir sie gezogen haben, nicht komplett infusorienfrei gewesen sein, denn andernfalls hätten sie kaum jene Organismen gefunden, von denen sie sich die ersten Tage lang ernähren konnten.
Zu beachten ist allerdings, dass sich zumindest unsere beiden Zöglinge die längste Zeit strikt weigerten, etwas anderes als Lebendfutter zu nehmen, und auch als sie das Larvenstadium bereits hinter sich gelassen hatten, nur sehr zögerlich an Frost- oder Trockenfutter gingen.
Verhalten der Jungfische
Zu Anfang waren die Larven recht scheu, gewöhnten sich aber schneller an mich und die Spritze mit den Futtertieren, als ich es gedacht hätte. Insgesamt blieben sie aber die ganze Kindheit schüchterner und schreckhafter als ihre ausgewachsenen Artgenossen.
Bereits sehr früh - ab einer Größe von ca. 5 mm - begannen sie, sich wie ihre Eltern zu verhalten: Sie zuckten auf die salmlertypische Weise mit ihren Flossen und flitzten ohne Unterlass durch ihre Welt, die aus einem 25l-Becken mit reichlich Javamoos bestand. Bisweilen spielen sie sogar schon in Manier der großen Salmler "Fangen".
Ganz offensichtlich fanden sie Gefallen an Strömung, denn die meiste Zeit hielten sie sich unter dem Filterauslauf auf. Es handelt sich dabei um einen AquaClear20, dessen Ansaugrohr hinter einem Eck-HMF verborgen liegt und somit für Jungfische keine Gefahr darstellt.